Cross-Border Dropshipping ist ein modernes Geschäftsmodell, das für viele auf den ersten Blick verlockend einfach erscheint. Es hört sich ja auch denkbar einfach an. Händler können Produkte verkaufen, ohne sie selbst zu lagern oder zu versenden – keine Lagerräume, keine Sicherheitsdienste, kein komplexes Logistiksystem.
Allerdings lauern besonders im internationalen Handel gravierende rechtliche Fallstricke. Fünf Bereiche sind dabei besonders kritisch: die Produktkennzeichnung mit ihren länderspezifischen Anforderungen, das internationale Verbraucherschutzrecht, die steuerrechtliche Compliance, Haftungsrisiken bei Produktmängeln und die internationale Gerichtszuständigkeit.
Ist man in diesen Bereichen als Händler nachlässig, kann das schnell zu kostspieligen Problemen führen. Auch wenn das Geschäftsmodell einfach erscheint, sollten diese Fallstricke von Anfang an professionell gehandhabt werden. Wie diese Fallstricke konkret aussehen, behandeln die nächsten Abschnitte dieses Artikels.
Produktkennzeichnungspflichten
Die Produktkennzeichnungspflichten im Cross-Border-Dropshipping können mitunter an ein Minenfeld erinnern. Denn dieser regulatorische Bereich ist besonders komplex. So ist für den EU-Markt die CE-Kennzeichnung zentral und bestätigt die Einhaltung grundlegender Sicherheitsstandards. Und für elektronische Geräte? Hier gelten zusätzlich WEEE-Richtlinien zur Entsorgung.
Des Weiteren benötigt jedes Produkt eine eindeutige Identifikationsnummer und Herstellerangaben in der jeweiligen Landessprache. Bei Textilien müssen laut der Vorgaben die Materialzusammensetzung und Pflegehinweise angegeben werden. Auf Kosmetika, Lebensmittel und Spielzeug wird noch einmal kritischer geschaut. Denn hier gelten verschärfte Anforderungen wie INCI-Listen oder Altersempfehlungen. Wer ist für die rechtskonforme Kennzeichnung verantwortlich? Das ist der Importeur, auch wenn dieser die Ware nie wirklich physisch besitzt. Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder und Verkaufsverbote.
Verbraucherschutzrecht
Eine weitere Herausforderung für Händler beim Cross-Border-Dropshipping ist das Verbraucherschutzrecht. Denn im EU-Raum gilt ein einheitliches 14-tägiges Widerrufsrecht. Diese Fristen weichen in anderen Ländern wiederum stark ab. Besonders wichtig: die vorvertraglichen Informationspflichten nach der Verbraucherrechterichtlinie. Auch müssen die AGBs dem Recht des Ziellandes entsprechen und in der jeweiligen Landessprache verfügbar sein.
Zudem unterscheiden sich die Gewährleistungsfristen im internationalen Handel erheblich. Diese variieren von sechs Monaten bis zu sechs Jahren. Weiterhin ist vorgeschrieben, Preisangaben transparent zu halten und alle Zusatzkosten wie Zölle oder Einfuhrsteuern auszuweisen. Auch wenn die jeweiligen Händler beim Dropshipping bekanntlich die Ware nie selbst in den Händen halten, haften sie dennoch für die korrekte Lieferung und Produktqualität. Bei Streitigkeiten? In diesen Fällen gilt meist das Verbraucherrecht des Ziellandes.
Steuerrechtliche Compliance
Der nächste Stolperstein sind die Steuern, insbesondere die Umsatzsteuerregeln. Hierzu erfordert es genaue Kenntnis. Der Grund? Seit Juli 2021 gilt in der EU das One-Stop-Shop-Verfahren für Fernverkäufe. Das hat zur Folge, dass Händler ab 10.000 Euro Jahresumsatz die lokalen Mehrwertsteuersätze des Bestimmungslandes anwenden müssen. Zudem wird die Einfuhrumsatzsteuer bei einem Warenwert von über 150 Euro fällig. Und bei Importen aus Drittländern (z.B. China) müssen die jeweiligen Händler die Einfuhrabwicklung regeln. Hierbei ist besonders die korrekte Rechnungsstellung mit Umsatzsteuer-ID und Steuersätzen wichtig.
Das Ziel des Import-One-Stop-Shop-Verfahrens ist aber nicht nur die Regelung von Fernverkäufen, sondern es soll auch die Abwicklung von Einfuhren vereinfachen. Obwohl der Dropshipping-Partner die physische Lieferung übernimmt, betragen die Aufzeichnungspflichten zehn Jahre.
Haftungsrisiken bei Produktmängeln
Ein weiteres Risiko für Händler sind die Haftungsrisiken bei Produktmängeln im Dropshipping. Auch das kann schnell komplex werden, da die Händler nicht im physischen Besitz der Ware sind. Das wird über das Produkthaftungsgesetz geregelt. Hierdurch entsteht für Händler eine verschuldensunabhängige Haftung für Schäden durch fehlerhafte Produkte.
Verzwickt ist die Sache auch bei Verbraucherkäufen. Denn hier gilt eine Beweislastumkehr. Die Händler müssen hierbei beweisen können, dass der Mangel bei Lieferung nicht bestand. Durch die weitere Durchgriffshaftung werden Ansprüche direkt gegenüber dem Händler ermöglicht, selbst wenn der Fehler beim Hersteller liegt oder lag. Es wird außerdem kritisch, wenn Produktsicherheitsmängel bestehen, die zu Personenschäden führen können. Händler sollten daher unbedingt über eine Produkthaftpflichtversicherung nachdenken. Auch sind Regressansprüche gegen ausländische Lieferanten oft schwer durchsetzbar. Eine gute vertragliche Absicherung ist daher essentiell.
Internationale Gerichtszuständigkeit
Die Brüssel la-Verordnung für EU-Fälle regelt die internationale Gerichtszuständigkeit im Dropshipping. Demnach ist bei Verbraucherklagen meist das Gericht am Wohnsitz des Kunden zuständig. Über entsprechende AGBs lässt sich hierbei nicht viel beeinflussen, denn die dort festgelegten Gerichtsstandsvereinbarungen sind gegenüber Verbrauchern nur eingeschränkt wirksam.
Wie stellt sich die Situation außerhalb der EU dar? Hier hängt die Zuständigkeit von bilateralen Abkommen ab. Wie man sich bereits vorstellen kann, gestaltet sich die Vollstreckung ausländischer Urteile hierbei oft schwierig. Das ist besonders bei Lieferanten aus Asien der Fall. Im B2B-Bereich ist die Vereinbarung eines neutralen Schiedsgerichts empfehlenswert. Das anwendbare Recht folgt bei Verbrauchern überwiegend dem Wohnsitzland. Im B2B-Verkehr kann das aber frei gewählt werden. Eine wichtige Rolle bei internationalen Handelskonflikten spielt ebenso die UN-Kaufrechtskonvention.