Mit der Pflegereform 2017 wurden die bisherigen Pflegestufen durch Pflegegrade ersetzt. Die Pflegebedürftigkeit wird in insgesamt fünf Pflegegrade unterteilt. Die Einstufung in einen bestimmten Pflegegrad entscheidet darüber, welche Leistungen eine betroffene Person erhält.
Im Rahmen einer Wiederholungsbegutachtung kann es dazu kommen, dass ein Pflegegrad reduziert oder aberkannt wird. Für die betroffenen Menschen bedeutet dies, dass auch ihre Leistungen gekürzt werden. In dem folgenden Ratgeber erfahren die Leserinnen und Leser, was sie machen können, wenn die Pflegekasse den Pflegegrad reduzieren oder aberkennen möchte.
Wann bekommt man einen Pflegegrad?
Wer körperlich oder geistig nicht mehr dazu in der Lage ist, seine alltäglichen Aufgaben zu verrichten, hat Anspruch auf einen Pflegegrad. Die Schwere der Pflegebedürftigkeit entscheidet darüber, welchen Pflegegrad man erhält. Je höher der Pflegegrad ist, desto größer sind die Leistungen, die monatlich bezogen werden können.
Wer einen Pflegegrad hat, kann durch zusätzliche Beeinträchtigungen einen höheren Pflegegrad geltend machen. Hierzu führt der medizinische Dienst (bei Privatversicherten übernimmt diese Aufgabe die Medicproof Versicherungsagentur) eine Wiederholungsbegutachtung durch. Hierbei kann es allerdings auch zu einer Rückstufung kommen. Das deutsche Versicherungsrecht sieht allerdings vor, dass Sie sich gegen eine Reduzierung oder Aberkennung des Pflegegrads wehren können.
Pflegegrad reduziert oder aberkannt: Wie lässt sich dies vermeiden?
Beabsichtigt die Pflegekasse nach einer Wiederholungsbegutachtung eine Rückstufung, hat eine betroffene Person Rechte. Sie muss im Anhörungsverfahren gehört werden und kann mit einem Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vorgehen.
Welche Rechte stehen dem Betroffenen zu?
Bezieht eine pflegebedürftige Person Leistungen aus der Pflegekasse, muss dies nicht tatenlos hingenommen werden. Sowohl der pflegebedürftigen Person selbst als auch den Angehörigen muss das Recht eingeräumt werden, sich gegen eine Reduzierung oder eine Aberkennung eines Pflegegrads zu wehren. Für diese Stellungnahme räumt die Pflegekasse der Person eine bestimmte Frist ein. Ohne diese Stellungnahme ist die Entscheidung der Pflegekasse allerdings nicht zwangsläufig unwirksam. Die Einbeziehung der betroffenen Person kann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden.
Wie läuft ein Anhörungsverfahren?
In der Regel eröffnet die Pflegekasse das Anhörungsverfahren. Dies geschieht kurze Zeit, nachdem die entsprechende Stelle Kenntnis von der Stellungnahme erhalten hat. Wichtig ist, dass die betroffene Person der Pflegekasse mitteilt, warum sie mit der Entscheidung nicht einverstanden ist. Außerdem sollten die beiden folgenden Punkte im Anhörungsverfahren berücksichtigt werden: Gibt es für die Pflegekasse einen Grund, der die Rückstufung auf einen niedrigeren Pflegegrad rechtfertigt? Diese Frage lässt sich durch einen Vergleich des aktuellen Gutachtens mit der ursprünglichen Entscheidung für die Zuteilung eines Pflegegrads vergleichen.
Gehen hieraus keine wesentlichen Punkte hervor, stehen die Chancen gut, dass die Entscheidung zur Rückstufung zurückgenommen wird. Außerdem sollte geprüft werden, auf welcher Basis der medizinische Dienst der Pflegekasse sein erstes Gutachten für die Zuteilung zu einem Pflegegrad erstellt hat und welche Punkte jetzt angeblich für eine Reduzierung des Pflegegrads sprechen. Entsprechen die angegebenen Gründe nicht den wahren Verhältnissen, sollte dies in dem Anhörungsverfahren auch vorgebracht werden.
Wie geht man gegen den Aufhebungsbescheid vor?
Mit dem Aufhebungsbescheid teilt die Pflegekasse der betroffenen Person mit, dass ein Pflegegrad reduziert oder aberkannt wird. Hiermit ist eine umfassende Leistungskürzung verbunden. Ist die betroffene Person mit der Reduzierung und der Leistungskürzung nicht einverstanden, muss die Pflegekasse der betroffenen Person das Recht zum Widerspruch einräumen?
Pflegegrad reduziert oder aberkannt: Wie legt man Widerspruch ein?
Bei der Einlegung eines Widerspruchs gegen einen Aufhebungsbescheid ist darauf zu achten, dass die Frist gewahrt wird. Diese Frist beträgt in der Regel einen Monat. Sie beginnt mit dem Zugang des Schreibens. Wird die Frist in dem Aufhebungsbescheid nicht genannt, verschiebt sie sich auf bis zu einem Jahr. Dies bedeutet, dass eine betroffene Person bis zu einem Jahr Zeit hat, um gegen den Aufhebungsbescheid Widerspruch einzulegen.
Der Widerspruch muss unbedingt schriftlich abgefasst werden. Eine Versendung per Fax ist ebenso zulässig, wie die Zustellung des Widerspruchs auf dem Postweg. Im Idealfall wählt man als Versandform das Einschreiben mit Rückantwort. In diesem Fall kann man immer den Nachweis dafür führen, dass die Frist gewahrt wurde. Abhängig von der Zulässigkeit des Widerspruchs gibt es für die Entscheidung der Pflegekasse zwei mögliche Alternativen:
- Akzeptiert man die Einlassung, steht die Pflegebedürftigkeit erneut auf dem Prüfstand. Im besten Fall kommt hierbei eine Höherstufung heraus.
- Akzeptiert die Pflegekasse die Einlassung nicht, wird erneut ein Aufhebungsbescheid erlassen. Wird hiergegen nicht binnen einer bestimmten Frist erneut Widerspruch eingelegt, sind die Reduzierung und die Aberkennung des Pflegegrads rechtskräftig.
In welchen Fällen ist eine Höherstufung des Pflegegrads möglich?
Stellt sich bei einer Wiederholungsbegutachtung heraus, dass sich der Gesundheitszustand der pflegebedürftigen Person verschlechtert hat, ist die Höherstufung in einen höheren Pflegegrad die Folge. Dieser kann von der pflegebedürftigen Person auch beantragt werden, wenn sich die Möglichkeiten des Selbstständig seins oder die kognitiven Fähigkeiten verschlechtert haben.
Fazit
Die Reduzierung oder Aberkennung eines Pflegegrads ist immer mit einer Leistungskürzung verbunden. Wer sich hiergegen wehren möchte, kann im Anhörungsverfahren Stellung nehmen oder gegen den Aufhebungsbescheid Widerspruch einlegen. Die Pflegekasse bewertet den Fall hiernach neu.